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Mobilität: Teil 1

PKW-freie Anreise nach Tirol - Ist das möglich?
Mobilität Anreise Gäste
Brigitte Hainzer beschäftigt sich als Mobilitätscoach seit Jahren mit der Frage, wie man mehr Gäste zu einer PKW-freien Anreise bringen kann.

TTR: Wie sieht die aktuelle Situation in Bezug auf die Verkehrsmittelwahl der Gäste aus?

Brigitte Hainzer: Der Anteil der Gäste, die öffentlich anreisen, stieg in den letzten Jahren ständig an und die Nachfrage nach Bahnreisen boomt wie noch nie, allerdings ist noch Luft nach oben. Ein Großteil unserer Gäste reist mit dem PKW an. Auch die meisten Einheimischen nutzen ihn in ihrer Freizeit.

Jeder Übernachtungsgast, jeder Tagesgast und jeder Einheimische, der in der Freizeit sein Auto stehenlässt trägt zur Verringerung des Verkehrs und damit auch zur Erhaltung der Natur bei. Die Natur wiederum ist Grundlage unserer Gesundheit und Erholung, aber auch unseres Wirtschaftens. Viele Gründe, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen, was ich seit fast 10 Jahren im Rahmen des Mobilitätscoachings sehr intensiv mache.

Um die im „Tiroler Weg“ gesteckten Ziele zu erreichen – bis 2035 soll der Anteil an der öffentlichen Anreise bei 20 % liegen – gibt es noch Handlungsbedarf, und zwar auf Seiten des Angebotes, z.B. öffentlicher Verbindungen, flexibler Systeme wie On Demand Services oder Carsharingangebote und auf Seiten der Kommunikation und Bewusstseinsbildung.

Die Voraussetzungen für eine weitere Reduktion des PKW-Anteils sind erfolgsversprechend. Das Mobilitätsverhalten unserer Gäste ist aktuell einem sehr starken Wandel unterzogen. So haben Menschen in großen Städten häufig keinen eigenen PKW mehr. Junge Leute machen keinen Führerschein. Pendler sind multimodal unterwegs, mit dem PKW, der Bahn und vielleicht noch ein Fahrrad oder zu Fuß auf der „ersten und letzten Meile“. Zudem wollen sich die Menschen wieder mehr bewegen, wie diverse Studien belegen u.a. Evolution und Mobilität, eine Studie des Zukunftsinstituts im Auftrag des ADAC.

Diese Voraussetzungen müssen wir als Chance nutzen, unsere Gäste auch dazu zu motivieren, ohne eigenen PKW in den Urlaub nach Tirol zu fahren und/oder ihr Auto im Urlaub stehenzulassen und die Natur mit dem Rad, zu Fuß oder mit den Öffis zu erkunden.

TTR: Was sind dabei die Herausforderungen?

Brigitte Hainzer: Tirol ist durch die intensiven Bemühungen der Tirol Werbung im Netzwerk „Tirol auf Schiene“ bestens an die europäischen Ballungsräume angebunden, mit zahlreichen direkten Tages- und Nachtzügen und weiteren guten Umsteigeverbindungen, z.B. über das ICE Drehkreuz München. 

Die Herausforderung besteht hauptsächlich darin, dass Gäste auf dieses Angebot aufmerksam gemacht werden. In den Köpfen unserer Gäste herrscht häufig noch das Vorurteil, dass man für einen Urlaub in Tirol den PKW benötigt, auch um vor Ort mobil zu sein. Es geht also um Unwissenheit, aber natürlich auch Bequemlichkeit oder Ressentiments gegenüber Umsteigen, verpasste Anschlußzüge, Gepäcktransport und die Frage, wie man vom Bahnhof zum Betrieb kommt, die den Gast veranlassen, den PKW zu verwenden.

TTR: Welche Lösungsansätze gibt es hier?

Brigitte Hainzer: In erster Linie geht es um Kommunikation, und zwar um Information und Inspiration. Tourismusverbände wie Beherbergungsbetriebe haben in den letzten Jahren exzellente Informationsunterlagen zur Bahnanreise aufbereitet. Neben der guten Erreichbarkeit ist das Thema Gepäck (Umsteigen, Haus-Haus-Gepäck sowie Depotmöglichkeiten) und die Frage, wie der Gast vom Bahnhof zum Gastgeber kommt ausschlaggebend, ob er sich für die Zugfahrt entscheidet. Hier gibt es den Bahnhofshuttle Tirol, die örtlichen Taxianbieter oder die Möglichkeit des Gästewagengewerbes für gewerbliche Beherbergungsbetriebe.

Besonders herausfordernd wird es in den Regionen, die nicht direkt an einer Bahnlinie liegen. Dass man aber auch hier erfolgreich auf Bahnanreise setzen kann, zeigt der Tourismusverband Wilder Kaiser. Hier wurde in den letzten Jahren sehr viel in die Mobilität vor Ort investiert. Im Paket „Grüne Anreise“ kann der Gast zudem auch gleich den Bahnhofshuttle vom Bahnhof zur Unterkunft buchen.

„Convenience“ ist ein oft gehörter Begriff in diesem Zusammenhang. Es geht den meisten Kunden nicht so sehr darum, dass die Nutzung der Öffis nichts kosten darf, sondern darum, dass man die Leistungen auf einer Plattform sieht und idealerweise direkt buchen kann. Seefeld hat hier als gutes Beispiel die Wegfinder App mit Informationen zur Mobilität vor Ort aufgewertet.

Wie man auch die Vor-Ort Mobilität verbessern kann, das erfährt ihr in der nächsten TTR Inspiration in Mobilität: Teil 2. 

Brigitte Hainzer

Brigitte Hainzer, Tourismusberatung, Mobilitätscoach im Auftrag der Tirol Werbung

Brigitte Hainzer ist selbständige Unternehmensberaterin für Kommunikation & Werbung im Tourismus. Sie berät Tourismusorganisationen im alpinen Raum, darunter die Tirol Werbung, SalzburgerLand Tourismus, IDM Südtirol, Bayern Tourismus Marketing oder Allgäu Tourismus. 

Nach ihrem Abschluss am Tourismuskolleg Innsbruck sammelte sie zahlreiche Erfahrungen in der Freizeit-, Kultur- und Sportbranche. In den letzten Jahren widmet sie sich auch verstärkt den Themen Mobilität, Gesundheit, Wellness und Natur. 

 

Datum: 25.01.2023

Titelbild von Markus Spiske auf Unsplash