Seit mehreren Jahren schon werden Podcasts immer beliebter - und das in vielen verschiedenen Segmenten, wie True Crime, Comedy, Freizeit & Lifestyle, Reportagen oder aktuelle Nachrichten-Formate. Laut Statista hört jeder vierte Befragte in Österreich und Deutschland regelmäßig Podcasts. Die steigende Zahl an ZuhörerInnen macht Podcasts auch als Werbeplattformen interessant. Der Werbeumsatz betrug im Jahr 2019 71 Millionen Euro in Deutschland und 503 Millionen US Doller in den USA - Tendenz steigend.
Doch warum ist Zuhören so beliebt? Und wie kann man einer Destination zuhören? Starten wir hier mit Erkenntnissen aus der Forschung.
Nähe und Intimität zum Zuhören - der Podcast
Jham et al. (2008) definierten den Podcast schon vor mehr als 10 Jahren als "Mediendateien, die über das Internet verbreitet werden und auf Computern oder tragbaren Geräten, wie Ipods oder anderen digitalen Audio-Playern abgespielt werden können." Mittlerweile sind die beliebtesten Abspielgeräte für Podcast allerdings schon mit großen Abstand Smartphones. Doch warum hören wir überhaupt "nur" zu, wenn wir doch auch gleichzeitig visuelle Medien zur Verfügung haben? McClung und Johnson (2009) sehen als zentrale Faktoren ganz ähnliche wie bei anderen Medien: Unterhaltung und unkompliziertes Anhören auf Knopfdruck, wann und wo man will. In einer Studie über Nobel Prize Talks beschreibt Swiatek (2018) den Podcast als ein "intimate bridging medium". Das Medium Podcast kreiert eine Intimität zwischen ZuhörerInnen und überbrückt so physische Distanz. Dieser Effekt wurde auch im touristischen Kontext erforscht. Kang und Gretzel (2012) beschreiben die menschliche Stimme als besonders geeignet, um soziale Nähe und Präsenz zu schaffen und damit positive touristische Erlebnisse zu schaffen.
Doch wie kann man nun einer touristischen Destination zuhören? Wir haben uns im wahrsten Sinne des Wortes umgehört und dem Team rund um den Podcast "Wie wird man..." von Innsbruck Tourismus einen virtuellen Besuch abgestattet: Christopher Steger, Bereichsleiter Digitale Kommunikation & Online Marketing bei Innsbruck Tourismus, Matthew Clark, Blog und Social Media Manager bei Innsbruck Tourismus, Sabrina Engl, Sprecherin und Mitgründerin des Podcasts, und Christian de Zottis von den "Stubnhockern", der mit Podcast-Know und der technische Umsetzung mit an Board ist.
Destinations-Podcast in der Praxis - Warum, Wie und mit wem?
"Am Beginn war der Podcast fast eine Gedankenübertragung zwischen mir und Christopher", so Sabrina. "Christian und ich hatten da schon darüber gesprochen und die Ideen wollten wir dann mit einer starken Marke in der Region umsetzen." In der Redaktionssitzung bei Innsbruck Tourismus war die Idee eines Podcasts ebenfalls schon in den Köpfen. Wichtig war allen, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt und nicht ausgelagert wird. Und so wurde aus der Idee recht schnell ein Podcast.
Das Motto des Podcasts ist dabei kein Zufallsprodukt, sondern eine wohl überlegte Mischung aus Podcast und Destinationsmarketing. "Wie wird man..." lädt Persönlichkeiten aus Innsbruck zum Gespräch. Damit wird die Ur-Form des Podcasts, ein anregendes Gespräch und spannende Diskussionen, mit der Liebe und Authentizität zur Region verknüpft. Das "Lieblingsplatzerl" jedes Gastes gibt zudem Einblick in die Region - und das ganz ohne aufgesetzte Werbung und Sponsorings.
"Multiplikatoren, wie bekannte Persönlichkeiten aus der Region, sind dabei wichtig, um die Zielgruppe zu erreichen und die StammhörerInnen zu erreichen", so Christian. Die Zielgruppe ist durch die sprachliche Nähe dabei primär der deutsche Markt. Aber auch die einheimische Bevölkerung kann so neue Facetten der Region kennen lernen. "Uns war es wichtig, den touristischen Aspekt nicht nur plakativ mitzunehmen, sondern, dass es authentisch ist und wir auch die Locals mitnehmen. Unsere Kanäle sprechen zwar TouristInnen an, aber auch die Einheimischen sind ein starker Teil davon", so Christopher.
Will man einen Podcast starten, braucht es allerdings auch Ressourcen. "Es muss sich jemand kümmern, damit das dann auch weiterläuft. Man braucht da Futter, die Inhalte und die Zeit, dass man das dann umsetzt", betont Christopher.
Hinter den Kulissen
Aber wie entsteht nun so ein Podcast? "Im Prinzip ist es zu Beginn sehr viel Organisation und Netzwerken", so Sabrina. "Die meisten Gäste waren aber gleich dabei und motiviert, weil es doch auch ein etwas anderes Interview ist, als im ORF oder in anderen Medien." Am Anfang des Konzepts wurden die Persönlichkeiten ausgewählt und auch Testimonials von Innsbruck Tourismus miteinbezogen. "Dabei ist es uns wichtig, eine Feel-Good-Atmosphäre zu vermitteln. Nicht, weil wir Angst haben anzuecken, aber wir wollen keine politischen Diskussionen oder Kontroversen vermitteln", so Christian. Felix Mitterer von der Piefke-Saga durfte trotzdem kommen. Das Ziel des Podcasts ist es, ein Gespräch zu führen und kein Interview. Das gelingt meistens recht gut und klappt immer sehr spontan. "Davor kommt immer so ein ganz kleiner Smalltalk, damit man ins Reden kommt. Da muss man aber aufpassen, dass da nicht schon die guten Geschichten kommen", schmunzelt Sabrina. Das Set ist dabei eine ganz gemütliche Stube, in der man sich nur wohlfühlen kann. "Teil des Konzepts ist es, dass es kein Briefing gibt. Wir können nachher Sachen rausschneiden, wenn doch mal etwas schief geht. Das gibt den Gästen eine Atmosphäre, wo sie sich sicher fühlen können und sich wohlfühlen", so Christian. "Tatsächlich haben wir aber in neuen Folgen erst zwei Mal eine kleinen Teil geschnitten", erinnert er sich.
Zu Gast in der gemütlichen Stube beim "Wie wird man..." Podcast. © Sabrina Engl
Podcast goes visual
Den "Wie wird man..." Podcast gibt es nicht nur zum Anhören, sondern auch zum Anschauen. Das bringt einen Mehrwert für die Vielfalt der Marketing-Channels. Neben Audio-Plattformen wie Spotify können damit auch Plattformen und Channels bedient werden, die stärker auf visuelle Formate fokussieren, wie Facebook, Instagram oder YouTube. Zudem können so die Gäste ihre Lieblingsplätze nicht nur beschreiben, sondern auch gleich herzeigen. Vor allem im Destinationsmarketing ist das ein großer Vorteil. "Wir im Online-Team sind auch selbst eher visuell unterwegs, da ist uns das auch persönlich näher gelegen. Und das Bewegtbild bietet für uns einfach einen guten Traffic zu Innsbruck Tourismus und auch zum Podcast selbst", erklärt Christopher die Perspektive von Innsbruck Tourismus. "Wir können damit auch eine zusätzliche Zielgruppe ansprechen, aber das führt natürlich auch zu Problemen", erklärt Christian. "Auch bei den Persönlichkeiten ist das ein Vorteil. Man hat dann ein Gesicht zur Persönlichkeit und kann sich gleich mehr vorstellen", ergänzt Sabrina.
Ihr wollt dem "Wie wird man..." Podcast selbst einen Besuch abstatten? Dann hier lang:
Titelbild: © Innsbruck Tourismus / Markus Mair
Quellen:
Jham, B. C., Duraes, G. V., Strassler, H. E. & Sensi, L. G. (2008). Joining the Podcast Revolution. Journal of Dental Education, 72(3), 278–281. https://doi.org/10.1002/j.0022-0337.2008.72.3.tb04493.x
Khang, M. & Gretzel, U. (2012, 1. April). Effects of podcast tours on tourist experiences in a national park. ScienceDirect. https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0261517711001075
McClung, S. & Johnson, K. (2010). Examining the Motives of Podcast Users. Journal of Radio & Audio Media, 17(1), 82–95. https://doi.org/10.1080/19376521003719391
Statista. (2020). Podcasts. https://de.statista.com/statistik/studie/id/50128/dokument/podcasts/
Swiatek, L. (2018). The Podcast as an Intimate Bridging Medium. Podcasting, 173–187. https://doi.org/10.1007/978-3-319-90056-8_9
Monica Nadegger MA
Nach dem Bachelorstudium „Journalismus und PR“ an der FH Joanneum in Graz und dem Master in „Sport-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement“ an der FH Kufstein startete Monica Nadegger Ende 2018 am MCI Tourismus und zeitgleich das PhD Studium Management an der Universität Innsbruck. Nach knapp 4 Jahren im Online-Marketing beim TVB Innsbruck als Leiterin des Blog-Redaktionsteams und Social Media Manager und als Mitglied des Doktoratskollegs „Organizing the Digital“ vereint sie am TTR ihr Interesse für Wissenschaft, Tourismus und digitale Kommunikation.
„Als Wissenschaftsplattform für den Tiroler Tourismus schafft ttr.tirol nicht nur eine Schnittstelle für Wissenschaft und Praxis, sondern versucht, Daten und Inhalte aufzubereiten und verständlich und ansprechend darzustellen."
Im TTR Team seit: Anfang 2018
Zuständig für: Content Strategie und Produktion, Website, Social Media