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Generationsdifferenzierte Risikowahrnehmung in Familienunternehmen

Eine Analyse der Wahrnehmung betrieblicher Risiken in touristischen Familienbetrieben
Titelbild
In seiner Masterarbeit untersuchte Martin Tusch, wie Generationsunterschiede die Risikowahrnehmung in Familienunternehmen in Tirol beeinflussen. Hierzu wendete er u.a. die Theorie des sozioemotionalen Wertes inkl. der 5 FIBER-Dimensionen an.

TTR: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?

Martin Tusch: Familienunternehmen spielen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung eine zentrale Rolle in Tirol. Insbesondere in der Tourismusbranche sind viele österreichische Familienunternehmen angesiedelt. Touristische Familienunternehmen streben häufig eine familieninterne Nachfolge an, die ein langfristiges Zusammenwirken der übergebenden und übernehmenden Generationen mit sich bringt. Die Wahrnehmung von Risiken kann in den unterschiedlichen Generationen jedoch variieren. Die Untersuchung der Risikowahrnehmung beschäftigt sich mit organisatorischen und emotionalen Entscheidungsprozessen, aus denen psychisch und sozial bedingte Handlungen resultieren. Kenntnisse über das Risikoverhalten beider Generationen haben eine nachhaltige Auswirkung auf die Unternehmen. Durch die gezielte Offenlegung individueller Wahrnehmungen bezüglich konkreter Entscheidungen und den mit ihnen einhergehenden Risiken können Konflikten und Fehlentscheidungen vorgebeugt werden. Dies unterstützt die erfolgreiche Übergabe von Familienunternehmen, was letztlich nicht nur ein großer Gewinn für die einzelnen Unternehmen, sondern in der Summe auch für die gesamte Tiroler Tourismuswirtschaft bedeutet.

TTR: Was sind die Kernergebnisse in Bezug auf generationsdifferenzierte Risikowahrnehmung und welche Bedeutung haben diese für Tiroler Familienunternehmen?

Martin Tusch: Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass die beteiligten Generationen unter Umständen entgegengesetzte Sichtweisen auf bevorstehende Entscheidungen haben – sie schätzen die Risiken, die damit einhergehen können, aufgrund ihres Erfahrungswissens und ihrer Prägung ganz unterschiedlich ein. In der Folge entstehen Missverständnisse und riskante Entscheidungen werden getroffen, um den Familienfrieden zu wahren. Mit den Konsequenzen dieser Entscheidungen müssen nachfolgende Generationen langfristig umgehen. Neben dieser Sichtbarmachung dient die Arbeit als Anregung für Familienunternehmen in eine proaktive intergenerationale Kommunikation zu investieren. Detaillierte Ergebnisse können der Abbildung entnommen werden.

Kernergebnisse Tusch

TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen für Familienunternehmen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?

Martin Tusch: Um die Abgabe von Kontrollrechten in Familienunternehmen zu erleichtern, ist es förderlich, das Vertrauen zwischen den Familienmitgliedern zu stärken. Die Forschungsergebnisse verdeutlichen, dass bei den Übergebenden durch Vertrauen in die Übernehmenden das Gefühl von Sicherheit ausgelöst wird, wodurch strategische Entscheidungen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen leichter fallen. Des Weiteren ist eine offene Kommunikation von Motiven und Emotionen bezüglich einzelner Entscheidungen empfehlenswert. Dadurch können Konflikte vermieden und eigene Empfindungen und Risikoeinstellungen offen zur Sprache gebracht werden. Es ist sinnvoll, in die sozialen Beziehungen zum Personal zu investieren. Ein gesundes Betriebsklima erleichtert den Übergabeprozess und steigert die Akzeptanz der Übernehmenden. Außerdem stellt sich das Wissen der übergebenden Generation in der Untersuchung als kostbare Ressource heraus. Deshalb sollte dieses Wissen im Zuge des internen Nachfolgeprozesses bewusst vermittelt werden. So kann die übernehmende Generation vom Erfahrungsschatz der Übergebenden profitieren. Hierdurch lassen sich Risikoentscheidungen häufig adäquater einschätzen.

Martin Tusch

Martin Tusch

Bereits im Jugendalter entwickelte Martin Tusch ein großes Interesse für die Tourismusbranche. Zunächst sammelte er in seiner Ausbildung als Touristikkaufmann an der Villa Blanka Innsbruck praktische Erfahrungen in Hotellerie und Gastronomie. Nach seinem Bachelorstudium „Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft“ absolvierte er auch das Masterstudium „Entrepreneurship & Tourismus“ am MCI (Abschluss 2020). In einem Praktikum konnte er zusätzliches Wissen im Reiseveranstaltungsbereich mit dem Schwerpunkt „Business Development“ erwerben. Nach einem Auslandssemester in Rovaniemi (Finnland) freut sich Martin Tusch nun auf neue Herausforderungen in seiner beruflichen Zukunft.

Masterarbeit Betreuung: FH-Prof. PD MMag. Dr. habil. Anita Zehrer

 

Titelbild by Lukas on Pexels

Datum: 10.03.2021