TTR: Was bedeutet Virtuelles Destinationsmanagement und inwiefern ist es relevant für Tiroler Destinationen/KMUs?
Iris Oberkalmsteiner: Wenn ein potentieller Tiroler Gast zum ersten Mal in Kontakt mit der Destination kommt, sei es über soziale Medien, Websites, oder über Freunde, Familie, Reiseveranstalter, dann startet gleichzeitig auch der Destinationswahrnehmungsprozess im Kopf. Verschiedenste visuelle und textuelle Informationen werden gesucht, wahrgenommen und bewertet. Emotionen entstehen, sobald der Betrachter an die tiefverschneite Tiroler Landschaft denkt - und der nächste Schritt zur Buchung eines Tirol-Urlaubes ist nicht mehr weit. Wenn dann endlich der große Moment gekommen ist, er oder sie die herrlichen Tiroler Skipisten heruntergewedelt ist, die Tiroler Gastfreundschaft kennen- und lieben gelernt hat, eine entspannende Unterkunft gefunden hat und relaxt nach Hause zurückkehren kann, ja dann ist das Gesamtbild über die Destination Tirol komplett – angereichert mit unvergesslichen Erinnerungen und einem positiven Destinationsimage. Genau in diesen Destinations-Wahrnehmungsprozess kann virtuelles Destinationsmanagement eingreifen und in der Vorverkaufsphase mit virtuellen Destinationstrailern eine positive Destinationswahrnehmung in den Köpfen von potentiellen Gästen der Generation Y induzieren. Tiroler Destinationen und KMUs gewinnen somit durch virtuelles Destinationsmanagement ein weiteres Marketinginstrument, mit dem sie die „Unerfahrbarkeit“ des touristischen Produktes und Services schon im Voraus erfahrbar machen können und reduzieren so gleichzeitig auch das Risiko beim Kauf eines touristischen Produktes auf Käuferseite.
TTR: Welche Erkenntnisse in Bezug auf das Käuferverhalten der Generation Y konnten Sie in Ihrer Arbeit gewinnen?
Iris Oberkalmsteiner: Die Untersuchung konzentrierte sich auf das touristische Käuferverhalten der Generation Y im Zusammenhang mit Virtual Reality. Die drei Fokusgruppen mit insgesamt 30 Teilnehmern, die hierfür untersucht wurden, bestanden allesamt aus Mitgliedern der Generation Y und verfügten über unterschiedliche Destinationserfahrungen. Dabei wurde das Internet als wichtigste Informationsquelle von den Befragten bei der Auswahl einer Destination genannt. Zudem wird die Destinationsentscheidung von engen Bezugsgruppen, wie Familie und Freunde, aber auch durch soziale Medien beeinflusst. Reiseagenturen und Printmedien spielen in der Phase der Informationssuche eine geringere Rolle. Bei der Einbindung von Virtual Reality in die Customer Journey würden die Fokusgruppen der Generation Y virtuelle Destinations-Apps begrüßen, um dadurch noch besser in die Destination eintauchen zu können und um eventuell gleichzeitig auch lokale Produkte direkt und virtuell kaufen zu können. Besonders groß war das Interesse für den Online-Kauf von lokalen Produkten bei jener Fokusgruppe, die noch nie in der Destination gewesen ist und deren Wahrnehmung auf virtuellen Destinationstrailern basierte. Hervorzuheben ist, dass alle Teilnehmer dieser virtuellen Fokusgruppe angaben, sich näher über die Destination, aber auch für einen zukünftigen Urlaub, informieren zu wollen. So zeigt diese Arbeit, dass virtuelle Destinationsimages das Käuferverhalten positiv beeinflussen können und zusammen mit anderen Destinationsmarketinginstrumenten effizient eingesetzt werden können, um neue Gästeschichten der Generation Y zu erreichen.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Masterarbeit und wie könnten diese in Tiroler Destinationen/KMUs umgesetzt werden?
Iris Oberkalmsteiner: Dazu gehört sicher die positive Wahrnehmung von virtuellen Destinationsimages bei potentiellen Gästen der Generation Y, die noch nie in der Destination gewesen sind. So kann es einer Destination gelingen, sich mithilfe eines gut durchdachten virtuellen Destinationstrailer mit all ihren Einzigartigkeiten und in ihrer Schönheit darzustellen, um sich so klar von anderen Destinationen zu unterscheiden und zu positionieren. Die Resultate meiner Forschung haben ergeben, dass die positive Destinationswahrnehmung von bestehenden Gästen bei Betrachtung der virtuellen Destinationstrailer verstärkt werden kann. Im Vergleich dazu erreichte die Kontrollgruppe, die allein deren reales Destinationsimage bewertete, geringere Werte in der Gesamtdestinationswahrnehmung. Dadurch können virtuelle Destinationstrailer auch als After-Sales Marketinginstrument eingesetzt werden, um die Erinnerungen an die Destination hervorzuheben und so im besten Fall die Entscheidungsfindung für den nächsten Urlaub positiv zu beeinflussen. Tiroler Destinationen/KMUs können durch eine enge Zusammenarbeit mit lokalen, touristischen Dienstleistern virtuelle Destinationstrailer produzieren, die einerseits auf gezieltem Storytelling basieren und andererseits durch technisch komplexere Virtual Reality Applikationen den Betrachter selbst seine virtuelle Destinationsstory erfahren lassen. Generell sollte hierfür beachtet werden, dass die USPs der Destination genau definiert werden und gleichzeitig auch Emotionen vermittelt werden. Dadurch entsteht ein Widererkennungseffekt und die Destination kann sich von anderen Destinationen klar differenzieren. Der Einbau von virtuellen Destinationsimages in die verschiedenen Phasen der touristischen Customer Journey kann Destinationen und KMUs darin unterstützen, neue potentielle Zielgruppen der Generation Y zu akquirieren und bestehende Tirol-Gäste an die Destination zu binden sowie die eigene Marktposition zu stärken.
Iris Oberkalmsteiner hat nach ihrem Bachelorstudium "Tourismus- & Freizeitwirtschaft" am MCI Management Center Innsbruck ein double master degree in "International Business and Management" am MCI und Università Carlo Cattaneo 'LIUC' absolviert. Über diverse Anstellungen und selbstständigen Tätigkeiten im Management & Marketing Consulting ist Iris Oberkalmsteiner nun in den Niederlanden bei FleetGO angestellt. Dort ist sie vor allem für die Suche und Evaluierung von neuen Geschäftsmöglichkeiten zuständig.