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Der Stern

Nachhaltiges Familienhotel und Wirtshaus. Seit 1509.
Der Stern Obsteig Hotel
Der Stern in Obsteig bemüht sich seit Jahren, das seit 500 Jahren familiengeführte Hotel generationenfit und zukunftsfit zu gestalten.

TTR: Der Stern bezeichnet sich selbst als Nachhaltiges Familienhotel und Wirtshaus bzw. als erstes klimaneutrales Hotel des Landes. Was bedeutet für euch Nachhaltigkeit in der Hotellerie und Gastronomie und wie setzt der Stern dies um?

René Föger: Die 3 Säulen der Nachhaltigkeit - Ökologie, Soziales und Wirtschaftliches – sollten bei allen betrieblichen Entscheidungen gleichermaßen berücksichtigt sein, weil in jedem Bereich die unternehmerische Verantwortung einer*s Gastgebers*in liegt: zum Gast, zu den Mitarbeitenden, zu den Stakeholdern und zu unserer Natur und Umwelt. Wir sind von allen Bereichen gleich abhängig und darum müssen wir uns um alle gleichermaßen kümmern. Diese Aussage gilt ganz allgemein und im Speziellen für den Tourismus und Gastronomie, weil die Abhängigkeit von Menschen und von der Natur nochmals zentraler ist.

Im Stern haben wir im Hintergrund seit 2009 eine konsequente und transparente Nachhaltigkeitsstrategie mit Einbindung von Stakeholdern, Orientierung an den SDGs, Kompensationszahlungen und laufenden Audits und KPI’s. Hier kommen Umstellungen im Energiebereich (Umstellung auf erneuerbare Energiequellen, thermische Gebäudesanierung, …), in der Mobilität (Grüne Anreise, Shuttledienste, Job-Bike, …), im F&B-Bereich (eigene Landwirtschaft, Forcierung vegetarische Gerichte, Butz&Stingl, …) oder im Wissenstransfer (Multiplikator zu Gästen, Benchmark für die Branche, Wissen teilen zu Medien, Institutionen, …) besonders zur Geltung, sind aber oft für einen Gast nicht bemerkbar.

Gleichzeit haben wir von Beginn an versucht spielerisch zu nachhaltigem Genuss und Urlauben anzustupsen. Dafür wurde das Klimaspiel entwickelt und nachhaltiges Verhalten wird mit Punkten belohnt. So erhält man Punkte, wenn man das Auto oder den Aufzug stehen lässt, wenn man Müll bei der Wanderung mitnimmt, auf Reinigung, TV oder Cola verzichtet oder wenn man regionales Handwerk/Souvenirs fördert (uvm). Erlebbar wird es auch durch die Architektur (Öko-Hallenbad, Vollholzmöbel, …), Essen (regional-klimabewusste Küche und Verwertungskonzept „Butz und Stingl, …) und Aktivitäten (Mundräubern, Larchbaden, …). 

TTR: Im Wirtshaus wird Regionalität, Saisonalität und Artenvielfalt großgeschrieben. Wie schafft ihr es, diese in der Gastronomie ganzjährig, in entsprechende Qualität und zu einem vertretbaren Preis anbieten zu können?

René Föger: In vielen Bereichen ist es eigentlich ganz einfach, wenn man die klare Entscheidung trifft. So bieten wir z.B. ausschließlich regionalen Fisch vom Stiftsweiher in Stams, regionales Oberland-Eis oder nur Getränke aus Österreich (kein Orangensaft oder Aperol) bzw. verwenden wir ausschließlich Eier vom regionalen Anbieter in Mieming. So bieten wir den Lieferanten eine verlässlich planbare Abnahme und wir erhalten einzigartige Lebensmittel. In diesem Bereich haben wir uns Stück für Stück weiterentwickelt, da es im Wareneinsatz auch teurer ist. 

Schwieriger ist es bei weiterverarbeitenden Frischprodukten wie Fleisch, Gemüse oder Obst. Hier schaffen wir leider nicht 100% von regionalen Kleinanbietern, weil es strukturell und saisonal nicht möglich ist. Wir beziehen soviel wie möglich von regionalen Bauern und Produzenten und den Rest beziehen wir vom Großhandel großteils aus Österreich. Das funktioniert nur mit einer entsprechenden Menüplanung: so findet man auf unserer Wirtshauskarte vermehrt Schmor-, Faschiertes- oder Innereien-Gerichte um das ganze Stück „Nose-to-Tail“ zu verwerten, Erdbeeren nur im Frühling, Schwammerl nur im Sommer, Wild nur im Herbst oder in den Wintermonaten werden verstärkt Kohl-, Linsen- und Kartoffelprodukte angeboten – aber nicht ausschließlich. Aus diesem Mix erhalten wir ein spannendes Qualitätsangebot und durch die „Reduzierung“ auch zu einem vernünftigen Preis. 

TTR: Sie haben mit ihrem Sterntaucher Öko-Hallenbad einen neuen Standard gesetzt in Bezug auf ein ökologisch effizientes, aber auch sozial nachhaltiges Schwimmbad für Einheimische. Wie kam es dazu und wie gut funktioniert dieses Konzept?

René Föger: Seit einer gefühlten Ewigkeit befassen wir uns im Stern mit dem Gedanken eines Hallenbades. Aber die Unvereinbarkeit mit den ökologischen Auswirkungen und auch der Preisanstieg für Gäste haben argumentativ überwogen. 2017 haben wir dann doch die Entscheidung pro Hallenbad getroffen, weil wir zu den tollen Genussvorteilen für unsere Gäste nur durch eine Verbesserung unseres Angebotes unseren Mitarbeitenden einen Jahresbetrieb sowie bessere Arbeits- und Urlaubszeiten bieten können. Nun war die Herausforderung das Hallenbad so ökologisch und verantwortungsbewusst wie möglich entwickeln. 

Die Absprungbasis für die Planung des Ökohallenbads lieferte die Nachhaltigkeitsagenda, es wurden zahlreiche Stakeholder-Dialoge geführt (Einbindung von Studierendenarbeiten bis zu Einheimischen-Dialog), Ansprüche (kein zusätzlicher Flächen-, Energie-, Wärm-, Wasserverbrauch oder Öffnung für die Öffentlichkeit), Benchmarks und KPI’s (zB qm Vielfaltsflächen, Energieverbrauch pro Besucher) entwickelt und dann bestmöglich umgesetzt. Das Öko-Hallenbad ist ein Riesengewinn für den Stern. Hotelgäste, Einheimische und Mitarbeitende nutzen es mit Begeisterung, es wirkt in der Öffentlichkeit (PR, Berichte, Auszeichnungen wie Tirol Change Award 2021), es stärkt betriebswirtschaftlich, es stärkt die Schultersaisonen, es verlängert die Saison (Öffnungstage von 300 auf 322), es bringt Arbeitszeitflexibilität für die Mitarbeitenden, es sensibilisiert und inspiriert zum Thema Nachhaltigkeit.

 

Es ist ein praktisches Beispiel, wie man eine im ersten Moment unlösbare Aufgabe "Wirtschaft vs. Ökologie" doch gegenseitig gewinnbringend lösen kann. Und darum sinnbildlich für die Herausforderungen der nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Die Investition hat den Stern zwar nicht in seiner DNA, aber in seiner Geschäftstätigkeit grundlegend und überall verändert: Erwartungen, Kommunikation, Organisation, Abläufe, Professionalität. Es mussten alle betrieblichen Stellschrauben gedreht werden – über das Jahr 2023 hinaus. Nach Ablauf des ersten Jahres sieht man, dass die meisten Ziele erreicht werden konnten, aber auch dass zur Erreichung anderer Ziele noch Nachschärfungen nötig sind. 

René Föger, Wirt und Gastgeber im Stern

René Föger, Wirt und Gastgeber im Stern

René Föger absolvierte die Salzburger Tourismusschulen Kleßheim sowie das Studium der Internationalen Wirtschaftswissenschaften an der Leopold-Franzens-Universität, Innsbruck mit Auslandsaufenthalt an University of New Orleans, USA. Nach einer Zwischenstation bei der D. Swarovski AG im Bereich Marktforschung und Verkaufstraining übernahm er 2004 den familiären Betrieb "Der Stern" in der 20. Generation. Bereits 2010 erhielt das Hotel das Österreichische Umweltzeichen, wurde 2012 das erste klimaneutrale Hotel Österreichs und wurde mit dem Trigos Tirol ausgezeichnet. Im Jahr 2021 folgte der Bau des „Öko-Hallenbades“ sowie der Tirol Change Award. 

Bildnachweis: www.hotelstern.at/in the headroom, www.hotelstern.at/Jürgen Schmücking

Datum: 13.06.2024