Mit ihrer Masterarbeit gewinnt Adriana Wacker den Wissenschaftspreis der Wirtschaftskammer Tirol 2020 - wir gratulieren herzlich!
TTR: Inwiefern ist Ihr Thema relevant für die Tiroler Tourismuswirtschaft? Welche Rolle spielt Social Media für das Image von Tiroler Destinationen?
Adriana Wacker: Mit rund 55.000 Beschäftigten und einer Wertschöpfung von 4,5 Milliarden Euro direkt sowie indirekt in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft ist dieser Sektor für die gesamte Tiroler Wirtschaft von hoher Bedeutung. Die Entscheidung von TouristInnen, eine bestimmte Region für ihren Urlaub auszuwählen, hängt sehr stark vom Destinationsimage des jeweiligen Standorts ab. Speziell in den Sozialen Medien kann dieses Image aber nicht nur ausschließlich von Tourismusmarketingorganisationen bestimmt werden, sondern ist von vielen weiteren Faktoren abhängig. TouristInnen generieren eigene Inhalte, die sie durch die Sozialen Medien mit der Welt teilen, was sowohl die Kommunikationsstrategie des Tourismusmarketings als auch das einheitliche Erscheinungsbild des Standorts schwächen kann. Um ein kongruentes Destinationsimage zwischen den ausgesendeten und wahrgenommenen Bildbeiträgen zu ermöglichen, muss eine Abstimmung der visuellen Kommunikationsattribute stattfinden. Meine Arbeit identifiziert existierende Attribute und ihre Zusammensetzung in Instagram-Beiträgen mit einer vergleichenden Inhaltsanalyse. Unter Attributen versteht man gewisse Motive, die im Bildfokus stehen. Dabei werden einerseits Instagram-Beiträge der Tirol Werbung, als ausgesendetes Destinationsimage, und andererseits Posts von TouristInnen am Standort, als wahrgenommenes Destinationsimage, analysiert und in Destinationsimagekarten dargestellt, um eine bessere Vergleichbarkeit zu schaffen. Die Ergebnisse meiner Masterarbeit helfen somit die Kommunikationsfeinheiten der Tourismusmarketingorganisationen nachzuschärfen, um eine bessere Übereinstimmung mit den Erwartungen und eigenen Eindrücken der TouristInnen zu erreichen.
Ich denke, dass uns erst durch COVID-19 und allen zugehörigen Reisewarnungen wieder bewusst geworden ist, wie wichtig der Tourismus für unsere Wirtschaft ist. Gerade in unsicheren Zeiten müssen wir versuchen, noch präziser und vor allem bewusster in den Sozialen Medien aufzutreten, um bei potenziellen TouristInnen im Gedächtnis zu bleiben und die Auswirkungen von negativen Schlagzeilen abzuschwächen. Das Themengebiet des Destinationsimages in Zusammenhang mit Sozialen Medien gewinnt somit immer mehr an wirtschaftlicher Bedeutung, weshalb ich denke, dass meine Arbeit gerade jetzt relevant für die Tiroler Tourismuswirtschaft ist.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen?
Adriana Wacker: Unter Anwendung der vergleichenden Inhaltsanalyse zusammen mit Chi-Quadrat-Tests und Kookkurrenz-Analysen vergleiche ich in meiner Masterarbeit Bilder, welche auf Instagram als Social Media Plattform veröffentlicht wurden. Dabei werden statistische Unterschiede des ausgesendeten und wahrgenommenen Destinationsimage in 18 vordefinierten Kategorien untersucht, wie (1) Natur und Landschaften, (2) Personen und (3) historische Sehenswürdigkeiten. Berücksichtigt wurden visuelle Beiträge der Tirol Werbung und Beiträge von TouristInnen, welche mit einem bestimmten Hashtag auf Instagram gekennzeichnet sind. Das Bildmaterial der TouristInnen wird in der englischsprachigen Arbeit mit UGC abgekürzt, was vom Begriff „user-generated content“ stammt. Hierzu wurde ein Instagram-Downloader-Tool angewandt, welches Bildmaterial im Zeitraum eines Jahres sammelte.
Die Ergebnisse über das ausgesendete und wahrgenommene Tiroler Destinationsimage wurden durch aggregierte Destinationsimagekarten dargestellt. Dabei wurden die tatsächlichen und erwarteten Häufigkeitswerte von Attributen, sowie der jeweilige z-Wert verwendet. Die Masterarbeit identifiziert Natur, Personen, Pflanzen, architektonische Gebäude und das Leben der Bewohner als die fünf vorherrschenden Attribute des Tiroler Destinationsimages. In Bezug auf die Unterschiede zeigen die wichtigsten Ergebnisse, dass TouristInnen eher daran interessiert sind, Natur und Landschaften, Vegetation, Freizeitaktivitäten und Haustiere zu fotografieren, als an dem Leben der Einheimischen und ihren Traditionen wie Essen und Kleidung. Dennoch finden sich Ähnlichkeiten in Abbildungen von Outdoor-Sportarten, anderen Freizeitaktivitäten und Architektur.
Genauer betrachtet zeigen die Ergebnisse, dass TouristInnen bevorzugt Bilder mit Natur und Landschaft im Fokus zu veröffentlichen, wobei sie gänzlich auf andere Kategorien wie Personen oder Architektur verzichten. Die Destinationsmarketingorganisation kombiniert diese Bilder hingegen mit weiteren Kategorien wie Pflanzen oder Outdoor-Sportarten. Man könnte argumentieren, dass mit der Darstellung von Personen auf den Fotos der Tirol Werbung ein Denkprozess bei potenziellen TouristInnen angestoßen werden soll, jedoch sind die Ergebnisse in diesem Punkt nicht sehr aussagekräftig.
Das beeindruckende Motiv eines Sees umringt von Bergen (Beispiel: Titelbild "Seebensee") wurde in beiden Stichproben dargestellt, wobei dieses bei TouristInnen stärker ausgeprägt ist. Dies kann mit dem Entwicklungsprozess des Destinationsimages erklärt werden. Das von TouristInnen gebildete Image eines Reiseziels ist in hohem Maße von den bereits wahrgenommenen Werbeaktivitäten abhängig. Zudem spielen auch psychologische Motivationsfaktoren eine wichtige Rolle. TouristInnen wollen anderen beweisen, dass sie an einem bekannten Ort waren und stellen dabei Werbebilder nach. Einige Bilder werden sogar aus den gleichen Winkeln aufgenommen, um etablierte Werbefotos bestmöglich zu imitieren.
TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?
Adriana Wacker: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Tirol Werbung schon ein strategisch durchdachtes Destinationsimage von Tirol projiziert. Es werden wunderschöne Landschaften sowie Tiroler Architektur, Outdoor-Sportarten, traditionelles Essen und beeindruckende Charaktere in ihrem natürlichen Lebensraum gezeigt. Aber es gibt auch großen Potenzial für Verbesserungen in der Übereinstimmung mit den Wahrnehmungen der TouristInnen. Daher lautet die Empfehlung für zentrale Standortmarketingorganisationen, dass sie die Perspektive der TouristInnen stärker miteinbinden sollen. Gerade das starke Interesse an Bildern mit Fokus allein auf der einzigartigen Tiroler Landschaft sollte in der Strategie berücksichtigt werden, um bessere Ergebnisse zu erzielen.
Weitere Ergebnisse und Empfehlungen können direkt im physischen Exemplar der Masterarbeit am MCI nachgelesen werden. (Sprache: Englisch)
Adriana Wacker
© Specht
Adriana Wacker hat 2019 das Masterstudium „Management, Communication & IT“ am Management Center Innsbruck abgeschlossen. Als stolze Tirolerin liegt ihr die Tiroler Wirtschaft und somit natürlich auch der Tourismus sehr am Herzen. Das Paper aufbauend auf ihrer Masterarbeit hat sie bei der ENTER eTourism Conference 2020 in Surrey präsentiert, welches daraufhin auch in den Proceedings „Information and Communication Technologies in Tourism 2020“ veröffentlicht wurde. Für ihre Masterarbeit wurde sie 2020 mit dem Wissenschaftspreis der Wirtschaftskammer Tirol ausgezeichnet. Nach ihrer akademischen Ausbildung begann sie im Marketing bei einem renommierten Autohaus zu arbeiten. Das Autohaus Schweiger betreibt mit der Marke „The Bullishow“ Europas größtes VW-Bus-Zentrum.
Masterarbeit Betreuung: Mag. Aleksander Groth
Titelbild: Adriana Wacker
Datum: 20.07.2021