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Commitment in familiengeführten Hotelleriebetrieben

Affektives organisationales Commitment als zentrale Zielgröße für die Mitarbeiterbindung in familiengeführten Hotelleriebetrieben
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Für ihre Masterarbeit befragte Christina Walter Beschäftigte in familiengeführten Hotelleriebetrieben zu ihrer emotionalen Verbundenheit zum Betrieb über einen Online-Fragebogen.

TTR: Wieso ist das Thema für die österreichische Tourismuswirtschaft relevant?

Christina Walter: Die Tourismusindustrie wird durch eine hohe Fluktuationsrate belastet, wodurch Kundenunzufriedenheit, fehlende Mitarbeitermotivation und Produktivitätsverluste entstehen. Jedoch hängt der Erfolg und der Wettbewerbsvorteil der Tourismusindustrie, einer arbeitsintensiven Dienstleistungsbranche, maßgeblich von engagierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab. Dies verstärkt die Bedeutung des organisationalen Commitments. Wenn Arbeitskräfte zufrieden sind und mit organisationalem Commitment reagieren, sind sie loyal, sorgen sich um das Unternehmen, engagieren sich und identifizieren sich mit dem Unternehmen. Des Weiteren dominieren mit 99,9 Prozent kleine und mittlere Betriebe (KMU) Österreichs Tourismusbranche. Jedoch stellt in diesen Unternehmen das effektive Management von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines der größten Probleme dar. Die mangelnde Professionalität im Personalmanagement liegt unter anderem an fehlendem Wissen, Ressourcen und Zeitmangel, sich intensiver mit dem Thema Mitarbeiterbindung und Attraktivität als Arbeitgeber auseinanderzusetzen. 

TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen und Betriebe?

Christina Walter: Die Auswertung der Befragung zeigt, dass die Teilnehmenden viel Wert auf organisatorische Unterstützung, einen positiven Unternehmensruf und ein Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten legen. Weiters sehen die befragten Mitarbeitenden ein hohes Maß an Verantwortungsübertragung sowie soziale Beziehungen und das Vorgesetztenverhalten als wichtig an. Bei Abfrage der Kündigungsabsicht zeigt sich, dass die Mitarbeitenden eine niedrige Absicht haben, das Unternehmen zu verlassen. Somit reduziert das affektive organisationale Commitment die Fluktuationsabsichten. Weiters wird der Einfluss auf die Mitarbeiterbindung geprüft. Eine durchschnittliche Beurteilung von 4,51 (Skala: 1 = stimme überhaupt nicht zu; 5 = stimme voll und ganz zu) deutet darauf hin, dass die Beschäftigten bei starker Identifikation und emotionaler Verbundenheit mit dem Arbeitgeber dem Unternehmen treu bleiben. Somit hat das affektive Commitment einen positiven und signifikanten Einfluss auf die Mitarbeiterbindung. Dies wird durch die einfache lineare Regression mit der abhängigen Variable „Mitarbeiterbindung“ und der unabhängigen Variable „affektives Commitment“ bestätigt. Folglich kann ein positiver Zusammenhang zwischen affektivem Commitment und Mitarbeiterbindung, den auch die betrachtete Literatur mehrfach aufgreift, bestätigt werden. Durch die theoretischen und praktischen Analysen werden die Einflussfaktoren des affektiven organisationalen Commitments in familiengeführten Hotelleriebetrieben deutlich. Je höher das affektive Commitment ist, desto stärker ist auch die Motivation und der Einsatz, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen. Wenn sich die Mitarbeitenden mit ihrem Unternehmen identifizieren können und emotionale Verbundenheit verspüren, zeigen sie sich gegenüber ihrem Arbeitgebenden loyal. 

TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?

Christina Walter: Meine Handlungsempfehlungen lassen sich in fünf Bereiche gliedern: 

Handlungsempfehlungen
Abbildung 1: Handlungsempfehlungen
  1. Förderung der organisatorischen Unterstützung 

Eine positive und unterstützende Unternehmens- und Führungskultur ist wichtig, um bei den Mitarbeitenden ein Gefühl von Wohlbefinden und Verbundenheit zu erzielen. Familiengeführte Hotelleriebetriebe können mit ihrer Authentizität sowie einer einladenden und familiären Atmosphäre überzeugen. Auch eine transparente Kommunikation und Werte wie Wertschätzung und Ehrlichkeit fördern das affektive organisationale Commitment.

  1. Verantwortungsübertragung und Beteiligung bei unternehmerischen Entscheidungen

Familiengeführte Hotelleriebetriebe sollten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verantwortung übertragen und die Möglichkeit bieten, die Organisation aktiv mitzugestalten. Auch die Arbeitgebenden können so profitieren, weil die Beschäftigten oft neue innovative Ideen haben, da sie schließlich selbst aktiv im Betrieb tätig sind und die Gäste sowie deren Bedürfnisse genau kennen. Folglich wird womöglich das Gästeerlebnis verbessert, wodurch Unternehmen zahlreiche Vorteile ableiten können.

  1. Stärkung der sozialen Beziehungen innerhalb des Unternehmens 

Soziale Beziehungen innerhalb des Unternehmens sind für die Entstehung von affektivem Commitment ausschlaggebend. Deshalb wird familiengeführten Hotelleriebetrieben empfohlen, Gegebenheiten zu bieten, die den Teamgeist und die Zusammenarbeit stärken. Nicht nur die Beziehung zu den Kolleginnen und Kollegen, sondern auch das Verhalten der Vorgesetzten ist entscheidend. Wenn sich die Führungskräfte wertschätzend verhalten und Wohlbefinden bei den Mitarbeitenden erzielen, zeigen sich Beschäftigte eher loyal und sind emotional mit dem Unternehmen verbunden.

  1. Angebot von Trainings und Weiterbildungsmöglichkeiten 

Durch Trainings und Weiterbildungsmöglichkeiten kann die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und ihr affektives Commitment steigen. Auch das Unternehmen profitiert davon, wenn Stärken gefördert und Chancen genutzt werden, um Wissen auszubauen. Umfassende Schulungen können zudem bei der Generierung neuer Ideen von hoher Relevanz sein und Innovationen können so vorangetrieben werden. Durch die stetige Mitarbeiterentwicklung steigt folglich meist auch die Gästezufriedenheit.

  1. Aufbau einer starken Arbeitgebermarke 

Da das Thema Employer Branding immer bedeutender wird, sollten sich familiengeführte Hotelleriebetriebe mit der Positionierung als hervorragenden Arbeitgeber auseinandersetzen. Eine starke Arbeitgebermarkte sollte mit einer einzigartigen Unternehmenskultur und Werten sowie attraktiven Arbeitsbedingungen punkten. Mithilfe des Employer Brandings können den Beschäftigten emotionale Vorteile vermittelt werden, um deren Identifikation zu stärken. Eine gute Unternehmensreputation stärkt das Selbstbewusstsein der Mitarbeitenden und das affektive organisationale Commitment.

Christina Walter

Christina Walter

Christina Walter, gebürtig aus Dornbirn, absolvierte zunächst den BA "Unternehmensführung in der Tourismus und Freizeitwirtschaft" am MCI Tourismus und schloss 2024 dort auch den Master "Strategisches Management & Tourismus" ab. Praktische Erfahrungen sammelte sie u.a. im HR Recruiting bei der thyssenkrupp Presta AG, Eschen (Liechtenstein). Seit August 2024 ist Christina Walter als Marketing Managerin bei HENN GmbH & Co KG in Dornbirn tätig.

Masterarbeit Betreuung: FH-Prof. PD MMag. Dr. habil. Anita Zehrer

Titelbild: Tirol Werbung (Hörterer Lisa)

Datum: 27.08.2024