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AirBnB - Fluch oder Segen?

Wie die Sharing Economy Tourismusdestinationen verändert
Nachtaufnahme Wien © PTNOrbert/Pixybay.com
Seit rund 10 Jahren ist die Online-Buchungsplattform Airbnb Teil der internationalen Reiseindustrie. Doch wie haben sich Städte, Hoteliers und Reisende an die Sharing Economy angepasst und welche Herausforderungen und Chancen entstehen dadurch für Destinationen?

Was ist das Besondere an AirBnB?

AirBnB an sich ist Teil der Entwicklung der “Sharing economy”. Brian Chesky, Joe Gebbia and Nathan Blecharczyk starteten mit einer simplen Idee - "Airbed and Breakfast", kurz Airbnb. Mit Millionen von Zimmer, Appartements und außergewöhnlichen Unterkünften in rund 81.000 Städten in 191 Ländern der Welt lohnt sich ein genauerer Blick auf das Unternehmen. Bei Plattformen wie Airbnb geht es nicht mehr primär um Besitz oder Vermietung, sondern um das gemeinsame Nutzen von Ressourcen. Im Fall von Airbnb ist das der Wohnraum. In diesen Peer-to-Peer-Netzwerken kommunizieren Vermieter und Kunden direkt miteinander - ohne Vermittler wie Reisebüros oder Tourismusverbände. In der EU werden diese Services schon von einem unter sechs Bürgern genutzt. Laut statista.de ist der Marktanteil an Gästebetten von Airbnb in Städten wie Berlin oder München schon über der 20%-Marke. In London wurde 2018 über 60.000 Airbnb Inserate gezählt. Und in Tirol? Auch hier steigt die Anzahl der angebotenen Airbnb-Unterkünfte. Die Plattform Airdna zeigt hier, wo in Innsbruck welche Unterkünfte vermietet werden, wie viele Hosts Betten anbieten und welche Arten von Unterkünften - gesamte Appartement oder einzelne Zimmer - gelistet sind. 

Airbnb Insights auf Airdna.com - Beispiel: Innsbruck

© Airdna.com - Airbnb-Insights am Beispiel Innsbruck. 

Doch was unterscheidet das Hotelzimmer vom Airbnb-Anbieter aus der Kundenperspektive? Die entscheidenden Faktoren für den Erfolg von Airbnb sind die Interaktion mit den Hosts, der preisliche Aspekt und die Suche nach einer authentischen Erfahrung. Mit "Experiences" verstärkt Airbnb diesen Gedanken und liefert so das authentische Erlebnis mit Locals mit.

Airbnb Factbox

  • vertreten in 81.000 Städte und 191 Ländern
  • insgesamt 300 Mio. Gästeankünfte weltweit
  • Anzahl der Inserate für Unterkunftsmöglichkeiten auf Airbnb weltweit: 2011 - 0,12 Mio., 2018 - 4,5 Mio. 
  • davon Schlösser 3.000
  • davon Baumhäuser 1.400

Picture of a flat/Room © Erika Wittlieb/Pixabay

© Erika Wittlieb/Pixabay.com

Und die Schattenseiten?

Der Grundgedanke des Teilens klingt auf den ersten Blick verlockend. Die gesetzliche Lage ist in Österreich und in vielen anderen Ländern jedoch nicht auf Geschäftsmodelle dieser Art vorbereitet. Es fehlen die Abgaben- und Steuerregelungen für die Vermietung auf Airbnb. Somit wird der Wettbewerb mit anderen Beherbergungsbetrieben wie Hotels verzerrt. Ein weiteres Problem tritt bei Städten mit hohen Mietpreisen und knappen Wohnungsangebot auf. Die ohnehin angespannte Situation wird durch die Vermietung von ganzen Wohneinheiten über AirBnB verschärft.

Gibt es Lösungsmodelle für die Zukunft?

Für Städte wie Berlin, Barcelona oder New York steht beim Thema “Airbnb” die Sicherung von leistbarem Wohnraum in der Stadt klar im Vordergrund.

  • Um der zunehmenden Wohnungsverknappung entgegenzuwirken, hat Berlin ein Zweckentfremdungsverbot durchgesetzt (und wieder gelockert), welches die Vermietung einer Wohnung auf Plattformen wie Airbnb für max. 60 Tage im Jahr erlaubt. So soll wertvoller Wohnraum wieder Bewohnern der Stadt zur Verfügung stehen.
  • Mit dem “Anti-Airbnb-Law” in New York dürfen Zimmer oder Wohnungen nur mehr kurzfristig (weniger als 30 Tag am Stück) vermietet werden, wenn sich die eigentlichen Bewohner ebenso selbst in der Wohnung aufhalten. Kontrolliert wird das mit einer eigenen Einheit bestehend aus ehemaligen Sheriffs und Polizisten.
  • Wien bemüht sich mit der Verschärfung der Gesetze ebenfalls um mehr Transparenz bei der Vermietung von Wohnungen über Online-Plattformen. Mit der Zustimmung der EU zu dem Gesetzesentwurf sollen Plattformbetreiber zur Datenherausgabe von Vermietern verpflichtet werden, um die Ortstaxe korrekt einzuheben. Bisher hatte sich Airbnb mit Berufung auf fehlende rechtliche Grundlagen und den Datenschutz für die Option ausgesprochen, die Ortstaxe selbst einzuheben und gesammelt an die Stadt zu überweisen. Ob und wann das Unternehmen die Daten an die Stadt gibt, steht jedoch offen. 
  • Airbnb-Mitgründer Nathan Blecharczyk betont in einem Interview mit dem Stern jedoch, dass es bereits viele Lösungsansätze zum Einheben der Tourismustaxe und ähnlichem gebe. Ein gutes Beispiel dafür sei Dortmund. 
  • Einen gänzlich anderen Weg hat Visit Sweden eingeschlagen. In einer Marketing-Kampagne stellen sie kurzerhand ihr ganzes Land via Airbnb zur Verfügung.

Aufgrund der verschiedensten kommunalen Richtlinien, Gesetze und Strukturen fällt es schwer, eine allgemein gültige Lösungsstrategie für die Online-Plattformen oder die Städte umzusetzen. 

Von der Luftmatratze zum Luxusgastgeber

Airbnb will weg vom Image des Nischenanbieters und hin zur umfangreichen Buchungsplattform, auf der sowohl Backpacker als auch Geschäftsreisende das passende Angebot finden. Mit Airbnb-Plus will die Online-Plattform vor allem das Business Travel Segment und das Luxussegment ansprechen. Die Idee dahinter: Die Unterkünfte können sich über ein Punkte-System und eine Überprüfung durch Airbnb qualifizieren. Dabei spielt nicht nur das Design und der Komfort eine Rolle, sondern die Gastgeber-Qualitäten des Vermieters selbst. So soll sichergestellt werden, dass dem Gast keine unschöne Überraschung bevorsteht und auch anspruchsvolle Reisende eine Unterkunft nach Wunsch finden.

Außerdem vergrößert die Plattform die Anzahl an Hotels und Hotelketten, die über Airbnb buchbar sind, und bildet somit auch für klassische Online-Buchungsplattformen wie Booking.com eine immer stärker werdende Konkurrenz. Doch damit nicht genug. In der japanischen Kleinstadt wird seit knapp zwei Jahren das Projekt "Samara" verwirklicht. Das Design-Studio ist dabei kein Hotel im klassischen Sinn, sondern viel mehr ein Gemeinde-Projekt, dass neue Formen des Zusammenlebens erforschen soll. Der Erlös geht zu einem Großteil an die Gemeinde selbst. Neben der Vermietung von Unterkünften expandiert Airbnb mit Projekten wie Samara oder der #WeAccept-Kampagne für Flüchtlinge, in Richtung Urban Planning und Community Development. Die Technologie-Strategie des Unternehmes konzentriert sich auf Entwicklungen im Bereich Virtual und Mixed Reality sowie auf eine ständige Verbesserung des "Matching Algorithmus", so Michael Curtis, Vice President of Engineering des Unternehmens, in einem Interview mit dem Onlinemagazin "Gründerszene". Wer auf Airbnb sucht, soll noch schneller noch bessere Ergebnisse bekommen, die exakt auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sind. 

Und die Kritik Richtung Overtourism? Gemeinsam mit dem "National Geographic Center for Sustainable Destinations" lies die Plattform verlauten, dass es wesentlich mehr zur lokalen Wertschöpfung beitrage als beispielsweise die ansässige Hotellerie. In den überfüllten Destinationen wie Amsterdam, Barcelona und Co. entfällt, laut Bericht, nur ein Airbnb-Gast auf drei Einwohner. Bei Kreuzfahrtschiffen und klassischer Hotellerie ist dieser Wert mehr als 10 Mal so hoch.

Wie sieht sich Airbnb selbst in 10 Jahren? Mit rund einer Milliarde Übernachtungen als wohl eine der größte Buchungsplattformen weltweit. 

Update 14.12.2018: Das Verwaltungsgericht München urteilte, dass sich Airbnb, trotz Sitz in Irland, an die Münchner Rechtslage beim Thema Zweckentfremdung halten müsse. Wird das Urteil rechtskräftig, muss Airbnb die Daten zu Ferienwohnungen offenlegen. Wird die Wohnung für mehr als acht Wochen im Jahr vermietet, drohen den Vermietern Bußgelder. Mehr dazu hier.   

Berlin-Skyline © AllThingsBerling/Pixabay.com

© AllThingsBerlin/Pixabay.com

Titelbild: © PTNOrbert/Pixybay.com

Monica Nadegger MA

Forschungsschwerpunkt
new forms of organizing, digitalization, communication, materiality & tourism
Position bzw. Aufgabe
PhD Studentin

Nach dem Bachelorstudium „Journalismus und PR“ an der FH Joanneum in Graz und dem Master in „Sport-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement“ an der FH Kufstein startete Monica Nadegger Ende 2018 am MCI Tourismus und zeitgleich das PhD Studium Management an der Universität Innsbruck. Nach knapp 4 Jahren im Online-Marketing beim TVB Innsbruck als Leiterin des Blog-Redaktionsteams und Social Media Manager und als Mitglied des Doktoratskollegs „Organizing the Digital“ vereint sie am TTR ihr Interesse für Wissenschaft, Tourismus und digitale Kommunikation.

„Als Wissenschaftsplattform für den Tiroler Tourismus schafft ttr.tirol nicht nur eine Schnittstelle für Wissenschaft und Praxis, sondern versucht, Daten und Inhalte aufzubereiten und verständlich und ansprechend darzustellen."

Im TTR Team seit: Anfang 2018

Zuständig für: Content Strategie und Produktion, Website, Social Media